Der Lieblingsflecken-Gastautor und Fotograf Jürgen Putz lebt in Barcelona und ist Spanien seit dem verfallen. Besonders der Norden hat es ihm angetan und so entführt er uns dieses Mal auf eine Reise in die Welt aus 1001 Nacht. Es geht nach Aragonien, einem seiner persönlichen Lieblingsflecken im Land der Sonne. Er liebt seine unentdeckten Seiten abseits der Touristenpfade und ganz nah dran an den sagenumwobenen Geschichten, die sich um seine geschichtsträchtigen Bauwerke ranken.
Hier erzählt er uns in Wort und Bild die Geschichte des islamischen Palastbereichs der Aljafería von Saragossa in der spanischen autonomen Gemeinschaft Aragonien.
“Kein Text vermag die ursprüngliche Schönheit des aus der muslimischen Zeit Saragossas stammenden Palastes besser zu beschreiben als die Legende über seine fabelhafte Erbauung.
„Aben-Aljafe träumte mit offenen Augen. – Wie herrlich müsste es sein – sagte er zu sich selbst – an diesem Stadtrand ein mit Porphr und Perlmutt ausgekleidetes Schloss erbaut zu sehen, mit hohen Wehrtürmen und Säulen, so schlank und anmutig wie die Palmen von Rabat! Wie herrlich wäre es, sich mit dieser Pracht umgeben zu sehen, die den Glücklichen einen Augenblick lang sogar dem Harun al-Raschid gleichstellen würde! Für dieses Schloss gäbe ich alles, was mir gehört, – murmelte der Maure erregt,, – sogar meine Lieblingssklavin…
Und auf einem Stein am Flussufer des Ebro erblickte er einen alten Mann mit weißem Bart, der sprach: ich kenne deinen quälenden Wunsch und ich bin gekommen, ihn zu erfüllen. Gib mir deine Favoritin und ich gebe Dir dafür den Palast, den Du verlangst. Dann gib ihn mir und Hanifa ist Dein, antwortete der König und seine Augen strahlten in Vorfreude bei dem Gedanken an seinen Palast.
Und sein Wunsch wurde erfüllt; er durchquerte die Gärten aus Lapislazuli und Porphyr seines über Nacht erschaffenen Palastes, trat in den Mihrab, den herrlichen Gebetsraum, dessen Wände mit Gold verkleidet und mit kostbarem Alabaster und Bildern von Granatäpfeln belegt waren. Und Freude erfüllte ihn, auch wenn Hanifa, seine Favoritin, in der gleichen Nacht aus dem Stadtpalast verschwand und nie wieder gesehen wurde.“
Der Turm des Troubadour
Tatsächlich wurde mit dem Bau dieses Palastes wohl unter der Regierungszeit von Muhammad al-Anqar begonnen, der im 9. Jahrhundert nach Christus als Gouverneur in Saraqusta regierte. Aus dieser Zeit stammen das erste und zweite Stockwerk des mächtigen, rechteckigen Wehrturms, der heute „Turm des Troubadour“ genannt wird.
Auch dieser Name beruht auf einer Legende, die aus dem 15. Jahrhundert stammt.
Den Mittelpunkt dieser Geschichte bildet die Rivalität der Brüder Herzog Antón de Luna und dem Troubadour Manrico de Lara.
Beide Männer kämpfen während des Krieges um die Nachfolge des verstorbenen Königs von Aragón ( – siehe auch Blogbeitrag zur Burg von Loarre) auf unterschiedlichen Seiten. Gleichzeitig sind sie auch Rivalen im Kampf um die Liebe der schönen Doña Leonor Sesé de Urrea.
Diese verliebt sich schließlich in den Troubadour Don Manrique de Lara; als dieser von seinen Feinden gefangen genommen wird und in einer Zelle der Aljafería auf seine Hinrichtung wartet, gibt Doña Leonor dem Werben des Herzogs Antón de Luna nach, um das Leben ihres Geliebten zu retten. Dann nimmt sie Gift und stirbt. Als er dies erfährt, ist der Herzog Antón de Luna so erzürnt, dass er seinen Rivalen, den Troubadour, trotz seiner gegenteiligen Versprechungen hinrichten lässt. Erst dann erfährt er, dass dieser auch sein eigener Bruder war.
Der Schriftsteller Antonio Garcia Gutiérrez verfasste aus dieser Geschichte 1836 ein Theaterstück und den großen Komponisten Guiseppe Verdi inspirierte dieses Drama so sehr, das er daraus das Libretto einer seiner berühmtesten Opern , „Il trovatore“ erschuf.
1001 Nacht – Der Taifa-Palast
In den Jahren 1046 – 1082 entstand unter Abu Ya´far Ahmad ibn Sulayman, der aus der Famlie der Banu Hud stammte, der größte Teil des islamischen Palastbereiches der Aljafería. Aus seinemVornamen, Abu Ya´far entwickelte sich schließlich auch der Name des Bauwerkes; aus Ya´far wurde al-Ya´fariyya und schließlich Aljafería.
Der Palast lag während dieser Blütezeit des Taifareiches von Saraqusta außerhalb der eigentlichen Stadtmauern. Er diente Abu Ya´far als Rückzugsort von den aufreibenden Regierungsgeschäften und so nannte er ihn auch „Qasr al-Surur“, den „Palast der Freude“. Gerne umgab er sich hier mit berühmten Künstlern und Wissenschaftlern seines Reiches, denn auch Abu Ya´far war ein guter Mathematiker, Astronom und ein begeisterter Dichter.
„Oh Palast der Freude! Oh, goldener Saal!
Dank Euch habe ich meine Sehnsüchte gestillt.
Und wenn auch mein reich nichts anderes enthielte,
Für mich seid ihr alles,
was mein herz begehren könnte“
Abu Ya´far
Der architektonische Stil des Palastes ist von den omajadischen Wüstenpalästen inspiriert. Die Hauptgebäude umschließen einen zentralen, unbedachten und in Nord-Süd Richtung angelegten Innenhof, zu dem sie mit Säulengängen hin geöffnet sind.
Die prachtvollen Säle auf der Nordseite
Die Säle auf der Nordseite werden vom Thronsaal beherrscht, an den sich jeweils rechts und links zwei kleinere Gemächer anschließen. Leider sind nur wenige Fragmente der einst prachtvollen Stuckarbeiten erhalten geblieben, die einst die Wände dieses Saales schmückten.
An den Thronsaal schließt sich das Portikus an, dessen reich verzierte Bögen den Bereich zum großen Innenhof hin öffnen und gleichzeitig für eine wunderbare Raumtrennung sorgen.
Besonders fein gearbeitet sind die zahlreichen Kapitelle, die aus Alabaster gehauen sind.
Die fromme Isabel: Patio de Santa Isabel
Der Patio der Isabel war der zentrale Bereich des gesamten aus der islamischen Zeit stammenden Palastbereiches der Aljafería. Seinen Namen erhielt er im 17. Jahrhundert nach der Infantin Isabel von Aragón, die im Jahr 1271 in der Aljafería geboren wurde.
Isabel wurde 1281 Königin von Portugal und wegen ihres frommen Lebenswandels von ihrem Volk sehr verehrt. 1625 schließlich sprach sie Papst Urban VIII heilig und der Patio ihrer Geburtsstätte wurde nach ihr benannt.
Der Innenhof ist mit Orangenbäumen und Hecken bepflanzt, die mit dem hellen Boden einen schönen Kontrast bieten. Die reich verzierten Säulengänge zu allen Seiten bilden eine wunderbar anzuschauende Umrahmung dieses Innenhofes und der Besucher kann erahnen, wie weit der Herrscher hier von der Aufregung und Unruhe seiner naheliegenden Hauptstadt Saraqusta doch entfernt war.
Vom Mittelalter bis zur Gegenwart
Saraqusta wurde am 18. Dezember 1118 vom aragonesischen König Alfons I, „Der Schlachtenkämpfer“ erobert. Doch mit diesem Ereignis war die Geschichte der Aljafería noch lange nicht zu Ende. Unter der Herrschaft der Könige von Aragón entstanden weitere Palastbereiche, die zu den großartigsten Beispielen der Mudejarkunst gehören.
Die nach der Eroberung in der Stadt verbliebenen islamischen Baumeister verbanden nun Bauformen und Muster ihrer Kultur mit christlich geprägten Elementen, vor allem aus der Gotik. Das Ergebnis waren einzigartige Bauten, die in der Aljafería vor allem in der Kirche von San Martín (14. Jahrhundert) und dem Palast von König Peter IV (14. Jahrhundert) zu bewundern sind.
Zum Ende des 15. Jahrhunderts erbauten die Katholischen Könige Isabella I. von Kastilien und Ferdinand II. von Aragón über dem Nordflügel des alten Taifa-Palastes ihre Residenz, die ihre nach der Eroberung von Granada endgütig gewonnene Vormachtstellung über die Muslime symbolisierte.
Vor allem die grandiosen Deckentäfelungen in diesem Palast sind unglaublich beeindruckend und zeugen von der Kunstfertigkeit der aragonesischen Mudejar-Handwerker.
Im 15. Jahrhundert begann jedoch auch die dunkle Phase dieses wundervollen Bauwerkes. Schon 1486 begann das Inquisitionsgericht damit, Teile des Gebäude zu nutzen. Der Troubadour-Turm wurde zum Gefängnis umgewandelt und die gefürchteten Beamten des Inquisitionstribunals fanden hier ihre Unterkunft.
In den folgenden Jahrhunderten wurde dann die Aljafería von den bourbonischen Königen immer weiter zur Festung umgebaut, schließlich im spanischen Unabhängigkeitskrieg von 1808 – 1814 stark zerstört und 1862 vom Kriegsministerium in eine Kaserne umgewandelt.
Erst nach dem 2. Weltkrieg begannen die Restaurationsarbeiten an dem Gebäude, die vor allem von dem Architekten Francisco Iñiguez Almech vorangetrieben wurden. Im gelang es in 35 Jahren leidenschaftlicher Arbeit, weite Teile der einstigen Pracht der Aljafería wieder auferstehen zu lassen.
1983 schließlich wurde Pläne entwickelt, Teile des restaurierten Gebäudes zum Sitz des Regionalparlamentes, der Cortes de Aragón, umzugestalten und im Juli 1987 schließlich erfolgte die erste Plenar- und Gründungssitzung des Regionalparlamentes im neu eingeweihten Parlamentssaal der in der Aljafería.
Ein neuer Abschnitt in der langen Geschichte dieses prächtigen Bauwerkes hat damit begonnen.
Information:
Palacio de la Aljafería en Zaragoza
Adresse: Calle Diputados, s/n; Saragossa
Öffnungszeiten:
01.04. – 15.10.: 10:00 – 14:00 Uhr und 16:30 – 20:00 Uhr
außer Donnerstagnachmittag und Freitagmorgen
16.10. – 31.03.: werktags: 10:00 – 14:00 Uhr und 16:00 – 18:30 Uhr
außer Donnerstagnachmittag und Freitagmorgen
Sonn- und feiertags: 10:00 – 14:00 Uhr
Literatur:
Die Aljafería von Saragossa; Saragossa 2005, ISBN: 84-86794-84-6
El encanto de Zaragozza; e-book 2012; ISBN: 978-84-15686-00-2
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