Kaminfeuer im Miramonti Boutique Hotel oberhalb von Meran. Es regnet, in Strömen. Und es ist ein Tag im Sommermonat August. Was tun in Südtirol, wenn es schüttet? Warme Gedanken machen, zum Beispiel.
Meran verschwunden im Nebel. Regen in Hafling. Und ich mitten drin.
So ein Regentag hat doch etwas von einem Geschenk. Da draußen nichts zu machen ist, noch nicht einmal, wenn man wie ich mitten zwischen den schönsten Bergen in Südtirol hockt. Es schüttet und die Gäste, inklusive mir, haben es sich in der gemütlichen Lobby-Bar des Mirmonti Boutique Resorts gemütlich gemacht. Statt Katie ertönt jetzt ein Uraltsong der Neuen Deutschen Welle (NDW, remember???), nämlich “DaDaDa” sanft aus den Boxen. Es hat etwas Skurriles hier, wie die Männer in ihren Tageszeitungen lesen und die Damen in Büchern oder Zeitschriften schmökern. Es ist Mittagszeit und die Wolken da draussen denken gar nicht daran, sich zu verziehen. Meran liegt 1.200 Meter unter mir und heute habe ich es noch nicht gesehen. In die Lobby kommen immer wieder Einheimische geschneit, die mit dem Gastgeber Klaus Alber schnacken. Wie schön es hier oben sei, dass das Wetter sich heute nicht mehr bessern werde, es aber Morgen wieder gut sein soll. Na bitte.
Hier geht es zum Interview mit Klaus Alber: http://bit.ly/VXk1sZ
Auf Facebook lese ich einen post von Lillies Diary: Christine ist auf Juist unterwegs, sie zeigt ein Bild von sich auf dem Fahrrad. Bei Sonnenschein und spektakulärem Wolkenhimmel radelt sie da über meine Lieblingsinsel in der Nordsee. Ich radle heute nirgendwohin, ich werde vermutlich nicht mal einen einzigen Schritt vor die Tür tun. Vielleicht mal meine Nasenspitze in die frische Luft halten und prüfen, ob ich einen Teil Merans erspähen kann. Oder ein paar Berge gegenüber. Nur um sicher zu sein, dass ich nicht über Nacht ganz woanders gelandet bin. Wie in der Trueman-Show. Andere Tapete.
Vigiljoch, bist Du noch da?
Noch gestern Abend bin ich hier oben in Hafling durch die Wälder und Schluchten gestreift. Das Miramonti liegt in St. Kathrein, einem winzigen Kapellchen, das sich trutzig zwischen Baumwipfeln auf einem kleinen Hügel empor reckt und gutmütig hinab ins Tal zu blicken scheint. Heute sehe ich noch nicht einmal das Kirchlein, obwohl es nur gute 300 Meter Luftlinie entfernt liegt. Ich bin versunken in dickem, nassen Nebel.
Gestern schien die Sonne. Am späten Nachmittag beschloss ich, nach einer süßen Jause hier im Hotel noch einen Gang zu machen. Der Wanderweg mit der Nummer 50 nach Falzeben führt direkt am Miramonti vorbei, durch Tannenwälder und entlang der Naifschlucht, in der die Seilbahn nach Meran 2000 verkehrt. Die Sonne scheint, es ist angenehm frisch und warm genug, um in kurzer Hose und Ärmeln loszumarschieren. Nach einer Stunde erreiche ich Falzeben, begleitet von einer Menge Pferdeäpfel auf dem weichen Waldboden. Hier oben sind die Haflinger Pferde zu Hause. Direkt neben dem Miramonti steht das Reiterhotel Sulfner, das Pferdeferien für Kinder und Erwachsene inklusive Reitstunden und Ausritten anbietet. Offensichtlich. Mir gefällt es. Pferdeäpfel erinnern mich immer an Juist, die Insel der Pferde und Kutschen ohne Autos.
Von Falzeben schlage ich den Weg Nummer 51 in Richtung Maiseralm ein. Über mir sehe ich den roten Bau der Seilbahnstation von Meran 2000 liegen.Hier unten an der Falzebener Station hängen Karten mit schneebedeckten Gipfeln und Skiabfahrten. Der Parkplatz, um die Tageszeit und vielleicht auch Jahreszeit von nur wenigen Autos genutzt, wird in der Wintersaison voll sein. Von Meran 2000 aus sieht man bei guter Sicht bis zu den Dolomiten. Skifahrer lieben das Panorama und die Abfahrten. Ich bin kein Skifahrer, habe vor Jahren zuletzt auf einem Snowboard gestanden und bilde mir ein, dass mir die Bergwelt ohne Schnee und vor allem Skifahrer und Pisten auch ganz gut gefällt.
Wandern über die Almen bei Meran 2000
Ich wandere also über den 51er Weg bis zur Moschwaldalm und von dort bis knapp vor die Maiseralm wieder hinunter Richtung Hafling-Dorf. Achtung: der Weg Nummer 15A, der ehemalige Almabsteig, hat es in sich! Viel Geröll und steile Stellen erschweren den Abstieg, volle Konzentration, gute Kondition und Trittsicherheit sollten vorhanden sein und auch die Knie müssen mitmachen können! Einfacher geht es über den Wanderweg 15, eine Forststraße, die sich gemächlich hinabschlängelt.
Kuhglocken, Rauschen des Windes und ganz viel Grün
Zeitweilig höre ich ausser dem Geläut der Kuhglocken und dem Wind in den Wipfeln der Tannen überhaupt nichts. Ich bleibe stehen und genieße den Moment; die Augen weit auf, offen für alles, was gerade ist. Ich bin wach und spüre alles genau, präge es mir ein für die Zeit danach, in der ich nicht mehr so einfach in die Berge gehen kann. Nicht mehr die frische Luft tief in meine Lungen hinein atmen kann. Das Bild und das Gefühl sind abgespeichert, hoffentlich für immer.
Das letzte Stück des Weges führt über eine Teerstrasse, vorbei an Höfen, die jetzt in der goldenen Abendsonne glänzend inmitten tiefgrünen Wiesen liegen. Friedlich ist es, selbe der Misthaufen am Wegesrand hat etwas Romantisches. Bescheuert? Wahrscheinlich. Drin liegen möchte ich trotzdem nicht, schon klar.
Nach knapp drei Stunden erreiche ich wieder St. Kathrein. Vor einen vollkommenen Sonnenuntergang schieben sich tief liegende Wolken, die gegenüber an dem scharfen Kamm der Dreitausender Ziel-, Texelspitze, Hohe Weiße und Tschigot zu hängen scheinen. Hinter dem Kamm, der mit der über Dorf Tirol thronenden Mutspitze beginnt, liegen im Naturpark Texelgruppe die Spronser Seen, eine der größten hochalpinen Seenplatten. (Quelle: http://bit.ly/1tvdYb6)
Ich beende meinen Wandertag für heute. Noch glaube ich ja, dass es Morgen mit Sonnenschein weiter geht. Nicht ahnend, dass ich heute bei Kaminfeuer und Nebel herumsitzen würde. Hach was soll’s:
Und wenn Du Dich über den Regen ärgerst, regnet es trotzdem,
sagte Karl Valentin sinngemäß. Recht hat er.
3 Comments
[…] Hier geht es zu meinen Tipps, wie Du Dich in Südtirol auch bei Regen garantiert nicht langweilst. […]
[…] ca. drei Stunden zu den Stoarnernen Mandln laufen. Von dort zurück nach Hafling und am besten im Miramonti Boutique Hotel wohnen. Oder von Hafling mit dem Bus oder zu Fuß zurück zur Talstation in der […]
[…] diesen Hang, an dem eigentlich nichts ist außer Wegen, die steil und anstrengend sind. Die nach Hafling führen und auf denen ich jedes Mal schimpfe wie ein Rohrspatz weil ich mich so furchtbar […]